Erziehung vs. Ausbildung

Erziehung regelt das Zusammenleben und beinhaltet gutes Sozialverhalten und Respekt.

Freiräume und Grenzen werden kennengelernt und eingehalten. Erziehung beginnt im Haus!Damit ein Hund sich an Grenzen und auch Freiräume halten kann, muss ich als Mensch die Position des Erziehungsberechtigten einnehmen. Dies ist unabdingbar, denn wenn diese Position fehlt, wird der Hund Aufgaben übernehmen mit denen er oftmals überfordert ist.

Erziehung ist also sozial und individuell und verläuft auch nicht immer harmonisch. Das Aushalten von Konflikten gehört zur Erziehung. Erziehung muss konsequent im Alltag integriert und nicht flexibel gehandhabt werden, es ist ein 24/7 Job.

 

Das kann oft anstrengend sein und dann wird oft eingelenkt und nachgegeben. Dadurch wird der Weg aber leider nicht einfacher. Im Gegenteil, wird die Erziehung einfach „laufen“ gelassen, oder nicht konsequent gehandhabt, führt das früher oder später zu Problemverhalten des Hundes.

Die Frage, ob ein Hund überhaupt erzogen werden muss, hängt davon ab, ob wir ihm gewollt Verantwortung übertragen wollen der er gerecht werden soll. Mit welcher Konsequenz ein Hund erzogen wird, hängt auch von der Ausprägung seiner agonistischen Veranlagungen ab.

Hier ein Beispiel:

Wenn einem Schäferhund, der aufgrund seiner Rasse und Zuchthistorie ein relativ ausgeprägtes agonistisches Verhaltensrepertoire hat, und dazu gehört auch ein relativ hohes Aggressionspotential, die Verantwortung für die Sicherheit von Haus und Hof übertragen wird, ist seine Erziehung diesbezüglich quasi nicht nur unnötig, sondern wäre sogar kontraproduktiv. Denn ihm muss ein relativ großer Entscheidungsspielraum zugestanden und dieser nicht etwa eingeschränkt werden, damit er die ihm übertragene Verantwortung für die Sicherheit von Haus und Hof überhaupt wahrnehmen kann.

Soll er diese Verantwortung jedoch nicht übernehmen, also gut sozialisiert mit Mensch und Tier harmonisch zusammenleben, ist seine Erziehung, also Entbindung von jeglicher Verantwortung einschließlich Einschränkung seines Entscheidungsspielraumes, zwingend notwendig. Ansonsten wird er aufgrund seiner Veranlagungen sein agonistisches Repertoire naturgemäß ausschöpfen, denn dazu wurde er gezüchtet.

Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass einem Schäferhund aufgrund seiner Veranlagungen die Verantwortung für seine Sicherheit gar nicht erst übertragen werden muss. Diese wird er, sofern man sie ihm nicht nimmt, schon naturgemäß selbst übernehmen.

Das alles hat aber mit der Ausbildung des Hundes überhaupt nichts zu tun.

 

Zum Bereich der Ausbildung gehört alles was mit Signalen zu tun hat (Sitz, Platz, Bleib). Gleichzeitig werden die Fähigkeiten und Talente, die dein Hund mitbringt, verfeinert und gefördert, so dass er sich im besten Fall entfalten kann. Im Bereich der Ausbildung wird mit Belohnung gearbeitet, der Hund wird also konditioniert oder auch dressiert.

Neue Signale sollten gezielt in einem bestimmten Rahmen geübt werden. Hierfür sind Ruhe, Geduld und fachliches Wissen die Grundvoraussetzungen.

Hunde lernen ortsgebunden und situationsbedingt. Das bedeutet, wenn ich immer nur in bestimmten Situationen und bestimmten Orten übe, so heißt das noch lange nicht, dass das Geübte im Alltag oder mit mehr Ablenkung genauso funktioniert.Möchte ich also, dass mein Hund im Alltag gut mit mir zusammenarbeitet, so muss ich mein Training und natürlich die Erziehung in den Alltag mit einbeziehen und hier klug mit Verstand und Konsequenz üben OHNE meinen Hund zu überfordern oder zu unterdrücken.

Belohnungen, z.b. Futter, funktionieren in der Abteilung Ausbildung hervorragend. Hunde, und auch andere Tiere, machen „fast“ alles für Futter.

Bei der Erziehung sind solche Mittel aber völlig fehl am Platz. Denn mittels einer Belohnung ist es unmöglich, den Entscheidungsspielraum eines Hundes nachhaltig einschränken zu wollen.

Und noch ein kleiner Vergleich mit einem Kind. Ein Kind kann in der Schule tolle Bestnoten schreiben, in Mathe Klassenbester sein und viele Aufgaben korrekt lösen. Dieses Kind verprügelt aber auf dem Schulhof regelmässig Mitschüler, hält sich nicht an die Regeln der Schule etc. Da nützt die beste Ausbildung nichts, wenn keine Erziehung stattfindet.